Will der Wanderer oder Radfahrer den seit 1.März 1996 geöffneten Grenzübergang bei der Hammermühle nach Tschechien benützen, kommt er, bevor er die Egerbrücke überquert, zwangsläufig am sogenannten Confinhaus vorbei.

Das zweigeschossige, geräumige Satteldachhaus stammt aus dem späten 18. Jahrhundert, das Erdgeschoss massiv gemauert, das Obergeschoss ist in konstruktivem Fachwerk aufgesetzt. Der Hausname „Confinhaus“ ist aus dem lateinischen abgeleitet: confinis = angrenzend, benachbart, „an der Grenze gelegen“. Gegen das Eindringen von Pest und Cholera wurden 1680, 1713 und 1831/32 entlang der Grenze bei Hohenberg, Fischern und Schirnding Confinwachen und Kontumazhäuser als Quarantänestationen errichtet.

Das Confinhaus wurde wahrscheinlich auf den Resten eines schon vorher bestandenen Gebäudes errichtet, denn im Hohenberger Sterbebuch heißt es 1689: „Balzer Püllnhöfer, ein Quartj-Knecht alhier, stirbt im Wach Hauß uf der Hammermühl, cathol. Religion, wird den 20. (April) mit gesang und clang uf den Gotts Acker beerdigt..1) Eine von Elisabeth Jäger aufgezeigte Altstraße führte hier vorbei nach Eger. Sie umging nördlich den Hohenberger Burgberg, kreuzte bei der Hammermühle (Confinhaus) in einer Furt die Eger und führte über böhmisch Fischern, Markhausen und Zettendorf weiter nach Eger 2). Dieses deutet auf ein hohes Alter des Egerübergangs nach Böhmen hin. Noch 1587 ist hier die Rede   „…. über den Steig von Hohenberg nach Eger…“ 3) bei der Stellungsnahme der Ämter Wunsiedel, Selb und Hohenberg zum Egerer Grenzvertrag von 1561. Bevor um 1840 – anstelle eines Bohlensteges – die erste Brücke über die Eger zur gegenüber liegenden Hammermühle von deren Besitzern errichtet wurde „…ging der Verkehr mit Wagen durch eine Furt in der Eger…“. Um 1833 heißt es „…die beim Confinhaus befindliche Furt durch die Eger…“. Noch um 1900 führte der sogenannte Zäunig-weg durch die genannte Furt über böhmisch Fischern nach Mühlbach.

Im Hohenberger „Marktsbuch“4) werden 1774 als Besitzer genannt: „Meister Georg Leonhard Weidmann, Leinenweber und Garnisoner alhier, dann Johann Erhard, Pfeifenmacher, haben miteinander als Besitzer des Wohnhauses ohnweit der Hammermühle ein Plätzlein von hiesiger Gemeinde zu einen Küchengärtlein, inclusive des Platzes zu einem Backofen, welches 20 Schu lang und 37 Schu breit ist, nebst einen daran stoßenden kleinen Plätzlein hinter dem Wohnhaus, welches im Quadrat 9 Schuh beträgt pro 8 Gulden rheinisch erkaufft, … den 7. Nov. 1774.“ Der Garnisoner und Leinenweber, Meister Leonhardt (Lienhart) Georg Weidmann (*1702 +1775), (3ter Sohn des Mstr. Wolfgang Weidmann, Barchant und Leinweber in Arzberg) ist 3mal verheiratet, seine Kinder sterben alle bereits im Kindesalter. Die Kindersterblichkeit war damals hoch. Der Mitbesitzer, der Pfeifenmacher Johann Erhardt (*1720 +1794 „uffm Confinhaus“), verheiratet 1757 mit Anna Margarethe (*1727+1803) der ältesten Tochter des (Pfeiffer-) Müllers Stephan Zeitler, bleibt ebenfalls ohne männlichen Erben.

In der Nähe von Mühlen ließen sich bevorzugt Zimmerleute nieder, die als sogenannte „Mühlenärzte“ Wartung und Reparaturen an den hölzernen Antriebs- und Mahlvorrichtungen der Mühlen vornahmen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich ein Zimmergeselle hier gegenüber der Hammermühle einrichtete. Das Anwesen wird im Partikular von 1787 5) wie folgt beschrieben: „Ingleichen ein Contagions oder Wachthaus unter dem Schloßberg an der Hammermühle, welches landschaftlich ist, vorhanden“. „Nr. LXXVIII b. Seit 1785. Ein Tropfhaus mit ein Feuerrecht nebst angebauten Ställein und Schüpflein, hat ein Holzschlicht und s.v. Dungstätt, und wurde dem nebenbesagten Zimmergesellen Christoph Adam Summerer auf die gemeindliche Oedschaft unterhalb dem Markte med: Decreti clem: de 25. Maii 1784 also aufzubauen gnädigst erlaubet, dass derselbe oder ein jedeßmahliger Besitzer deßselben nebenst denen nach der 1784. Rechnung pag. 335 verrechneten 5 fl. pro Concessione und Übernahme der Handlohnbarkeit in allen Veränderungsfällen noch alljährlich zum Casten Amte Wunsiedel an jährlichen Gefällen zu entrichten hat: 10 kr. vor 1 Henne, 30 Kr. Walburgi und 30 Kr. Michaeli Zinns. Summa: 1 fl. 10 kr. fränkisch nach der 1785. Rechnung pag. 207 zum erstenmal. Versteuert zur Landschaft 1 3/8 fl. …“

Seit 1785 besitzen also Johann Adam Christoph Sommerer (*1750 zu Selb + 1833), Zimmergeselle, (Sohn des Lorenz Sommerer von Kirchenlamitz und Anna Margarethe Zeitler von der Pfeiffermühle) und Georg Christoph Petzold, Zeuchmachermstr. ufm Confinhaus (des weiland Johann David Petzold, gewesener Zeuchmachermstr. zu Arzberg mittler Sohn) das Anwesen. Beide werden erwähnt im „Spezial-Verzeichnis der Brand=Assecurations=Sozietät von 1789“ 6): Christoph Adam Sommerer und Georg Christoph Petzold: 150 f. Versicherungssumme miteinander.

Um 1797 wird das Confinhaus von Johann Christoph Sommerer geteilt und eine Wohnhälfte verkauft. Gemäß „Brandsteuer-Liste von 1798“ 7) werden von den beiden Besitzern Christoph Adam Sommerer und Johannes Mainer 3 Xr. Brandsteuer von 150 f. Anschlag erhoben. Haus Nr. 85 ½ (=der nördliche Wohnteil) bleibt in Besitz des Verkäufers. Das Gemeindekataster von 1814 nennt als Besitzer: Christoph Adam Sommerer; Nr. 270, ein halbes Wohnhaus mit halben Backofen und Schorgärtlein. Nach dem Tod von Christoph Adam Sommerer 1833 – aus dessen Ehe mit Anna Rosina Müller von Sommerhau 4 Kinder entsprießen – übernimmt sein jüngster Sohn Johann Michael (*1804 + 1882), Zimmergeselle, das halbe Wohnhaus. Aus dessen erster Ehe gehen 9 Kinder hervor. Der Sohn Jacob Sommerer (*1835) erbaute 1873 einen neuen Backofen. 1877 kaufte Jacob Sommerer, „Zimmermann und Mühlarzt“ lt. Vertrag vom 18. September 1877 den Besitz von Johanna Maria Sommerer, uneheliche Tochter der Margarethe Barbara S., Enkelin von Michael Sommerer.

1897 ertrank der 63jährige Jacob in der Eger. Er hinterließ 5 Kinder. Seine Schwester, Margarethe Barbara, starb bereits 1865 als knapp 40jährige in Markhausen in Böhmen „…wie sie Sand graben wollte, (wurde sie) verschüttet..“ Deren 16jährige Tochter starb 1 Jahr später 1866 „…infolge absichtlich herbeigeführten Ertrinkens im Egerfluß hinter der Hammermühl…“. Haus Nr. 85 (=südlicher Wohnteil) kauft Johannes Mainer (*1751+ 1825), Taglöhner ufm Alaunwerk und ab 1797 Mitbesitzer des Confin-Hauses. Das Gemeindekataster von 1814 hält fest: Johann Mainer; Nr. 271, ein halbes Wohnhaus mit halben Backofen. Von den vier Kindern des Vorgenannten ist wohl der bekannteste Sohn Johann Adam Mainer. (*1791 +1847). [Siehe Anmerkung]. Denn dieser ist derjenige, der beim Besuch der Königin Luise von Preußen mit ihrem Gemahl König Wilhelm III. in Hohenberg am Montag den 24. Juni 1805 als 14jähriger Pfeifer an der Spitze der Landwehr beim festlichen Einzug des Königpaares marschierte und gekonnt sein Pikollo blies. Sein Sohn Friedrich Ferd. Elisas Mainer (*1826 +1880), genannt Fritz, späterer Bürgermeister von Hohenberg von 1877-1880, hält dazu in seinen Aufzeichnungen fest:

„…Joh. Adam Mainer verlebte seine Jungendjahre im elterlichen Hause, dem sogenannten Confinhaus bei der Hammermühle und hatte da von einem österreichischen Deserteur, der hier einige Tage um Obdach nachsuchte und auch erhielt, beim Abgehen ein Pikollo geschenkt. Mit seinen Kameraden, den Hammermühlsöhnen fleissig das Vieh gehütet, blies er durch sein eigenes Genie gelernt, all die Liedchen nach, die beim Hüten gesungen wurden. Zur Belustigung wurden auch Walzer und Gallopade vorgetragen, die vom versammelten Hirten-Publikum aus der Grenzerei (hier verläuft über der Eger die böhmische Grenze) getanzt wurden. Als Orchester wurde dass in der Nähe befindliche Wasserschöpfrad gewählt…“

Um 1820 erscheint als Besitzer Johann Weiß, Müllermeister auf der Flittermühle. Wenig später kauft Johann Michael Steiner (*1769 in Plan +1824), Korbflechter, „lt gerichtlichen Kaufvertrags“, das halbe Anwesen vom vorgenannten Johann Weiß. Im Sterbebuch heißt es: „…Michael Steiner war in der Planer Herrschaft in Böhmen geboren, kam zufällig nach Hohenberg, wo er sich häuslich niederließ und ein diebisches Leben führte. Obgleich katholisch, so wurde Ihm doch eine Sermon gehalten…“ 8). Von seinem vier Kindern wandelte der älteste Sohn Caspar (*1805 +1843) in den Fußstapfen seines Vaters. In seinem Sterbeeintrag heißt es: „…Taglöhner und Korbflechter vom Confinhaus, welcher sich viele Diebstähle und Einbrüche schuldig gemacht, starb, nachdem er aus dem Zuchthaus von Amberg zurückgekehrt war, am 18. April, und wurde in der Stille begraben, alt 38 Jahre…“9) Zuvor, 1836 verkaufen die Söhne von Joh, Michael Steiner, nämlich Michael (*1813), Korbmacher, und genannter Caspar lt. Kaufvertrag vom 25. Nov. 1836 das „auf sie übergegangene ehemalige 1/2 Confinwachhäuslein, nebst dem dazugehörigen Gärtlein, Gewölbe, Dungstätte und halben Gang am Hause..“ an ihren Bruder Joh. Adam Steiner. Der Rückkauf erfolgt am 11. Juli 1845 durch Michael Steiner. Dieser verkauft dann 1850 lt. Kaufvertrag vom 12. August seine Besitzung an den Zimmergeselln Michael Sommerer (*1804) für 250 fl., dem Besitzer der anderen Wohnhälfte. Das gesamte Anwesen befindet sich nun wieder in den Händen der Familie Sommerer. 1871/72 werden im Anwesen 3 Haushaltungen genannt: d Daniel (*1840) und Jacob (*1835), den Söhnen von Michael Sommerer und Schwiegersohn Georg Rogler, Taglöhner, verheiratet mit Anna Maria (*1830), der jüngsten Tochter von Michael.Sommerer. 1912 wohnen lt. Erbtheilungsvertrag: in der nördlichen Haushälfte Christoph Sommerer (*1873+1957), Sohn von Daniel Sommerer und im südlichen Wohntrakt Adolf Sommerer (*1909 + 1958), wiederum Sohn von Christoph Sommerer. Gemäß Verzeichnis von 194110) wohnen hier Christoph Sommerer, Zimmermann, mit seinen Kindern Adolf Sommerer, Modelleur, Michael Sommerer, Porzellandreher und Wilhelmine, diese später verheiratet mit Fritz Neuf.

Heute bewohnt das seit 225 Jahren in Familienbesitz Sommerer befindliche geschichtsträchtige Anwesen Martin Herbst, der Sohn von Adolf Sommerer.

Quellen- und Literaturnachweis:
Alle Kirchenmatrikel aus den Hohenberger Kirchenbüchern 1) Sterbebuch 1689 Nr. 1273 2) AO Bd. 76, S. 61 ff., 1996 (Elisabeth Jäger) 3) StA Bamberg Bestand C 3 Nr. 794 4) StdA Hohenberg, ohne Nr. 5) StA Bamberg Stb. 7073/III, S. 67 6) StdA Hohenberg, Nr. 281: Special=Verzeichniß von derer in Amt und Gericht Hohenberg beygetrettenen Brand=Assecurations =Societaets=Verwanden und derselben assecurirten Gebäude ad Annum 1789 7) StdA Hohenberg, ohne Nr : Brand Steuer vom 20. Febr. 1798 im Amte Hohenberg: – von 100 fl. Rhl. 2 Xr. rhl 8) Sterbebuch 1824 Nr. 12 9) Sterbebuch 1843 Nr. 7 10) Adressbuch des politischen Kreises Selb 1941 Anmerkung zu Joh. Adam Mainer (*1791+1847): Dieser war nach seiner Militär-Entlassung am 2. Mai 1816 ab September als Kirchenmusikus in Hohenberg angestellt. Noch im gleichem Jahr heiratete er in 1. Ehe Susanna (*1786+1821) Tochter seines ehemaligen Musiklehrers Joh. Joseph Friedrich Thoma, Musikus zu Arzberg. Der Ehe entsprossen 3 Kinder. Nach dem Tode von Susanna heiratete er in 2. Ehe Sophia Elisabetha (*1794+1879), jüngste Tochter des Schlossermeisters Andreas Glas zu Arzberg. Dieser Ehe entsprießen weitere vier Kinder, darunter Friedrich Elias Ferdinand (*1826 + als Bürgermeister 1880). (Bildunterschrift): Die Aufnahme um 1925 zeigt das unmittelbar an der Egerfurt gelegene, im schönen Fachwerk errichtete Confinhaus, ehemaliges Wachhaus an der Grenze zu Böhmen. Deutlich erkennbar der zielstrebig zur Furt führender Weg, der noch um 1900 nach böhmisch Fischern weiterführte. An der rechten Straßenseite die um 1840 errichtete Brücke zur Hammermühle.

(von Siegfried Röder)